Stationen der Constitutio

Auf dieser Seite werden die Stationen der Constitutio Antoniniana vom Erlass bis heute nachgezeichnet.

212/13: Edikt "Constitutio Antoniniana" wird erlassen

Der römische Kaiser Caracalla erlässt die Constitutio Antoniniana und verleiht damit nahezu allen freien Bewohnern des Imperium Romanum das römische Bürgerrecht.

215: Niederschrift auf dem Papyrus

Totalaufnahme der Constitutio AntoninianaBei der Constitutio Antoniniana handelt es sich um eine griechische Übersetzung des ursprünglich in Latein erstellten Edikts. Da sie sich gemeinsam mit zwei weiteren Edikten auf dem Papyrus befindet, kann man auf den Kontext und das Jahr der Entstehung schließen. Möglicherweise handelt es sich um eine private Abschrift öffentlich zugänglicher Edikte (vgl. Kuhlmann 1994/2006, S. 247).

Die Zeit bis zur Wiederentdeckung

Was nach 215 mit dem Papyrus geschah ist unklar, er stammt wohl ursprünglich aus Heptakomia in Ägypten und wurde in Eschmunên erworben.

Um 1901 regte der damalige Gießener Althistoriker Ernst Kornemann (1868-1946) die Gründung einer Papyrussammlung zu Lehr- und Forschungszwecken an. Zur Finanzierung fand er private Mäzene wie den Gießener Industriellen Wilhelm Gail (1854-1925).

1902: Erwerb

Im Jahr 1902 bezog Kornemann über einen Händler die ersten 150 Papyri, ohne zu ahnen, dass sich die Constitutio Antoniniana unter diesen befand.

Der Ort, an dem der Papyrus mit der Constitutio Antoniniana gefunden wurde, ist wohl das alte Hermopolis Magna in Ägypten beim heutigen Eschmunên.


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Die Papyri wurden zunächst im Museum des Oberhessischen Geschichtsvereins in Gießen  untergebracht, das sich bald im Alten Schloss befand. Später erfolgten weitere Käufe zur Ergänzung der Sammlung.

Der Papyrus befindet sich heute im Besitz der Universitätsstadt Gießen (Oberhessisches Museum).

Zwischen 1902 und 1910: Erste Restaurierung

Die erste Restaurierung der Constitutio Antoniniana wurde von dem führenden Papyrusrestaurator Hugo Ibscher in Berlin vorgenommen. Der Papyrus wurde vollständig gereinigt, mit einer Papierschicht hinterlegt und anschließend zwischen Glasscheiben eingefasst.

Im Dezember 1944 brannte das Oberhessische Museum im Alten Schloss in Folge eines Bombenangriffs im Zweiten Weltkrieg vollständig aus. So wurde die gesamte in Gießen befindliche Korrespondenz zur Papyrussamllung zerstört, welche uns ausführlichere Informationen hätte liefern können.

1910: Erste Publikation durch Paul Meyer

Die Bedeutung des Papyrus mit der Constitutio Antoniniana wurde recht früh erkannt und 1910 von Paul Meyer (Berlin, 1865-1932) als "Papyrus Gissensis 40" publiziert, also transkribiert, übersetzt und kommentiert.

1930: Überführung in die Universitätsbibliothek

Die Papyri Gissenses mit der Constitutio Antoniniana wurden für eine bessere  Zugänglichkeit für Forschung und Lehre als Dauerleihgabe 1930 in die Universitätsbibliothek in der Bismackstraße überführt. Dieser Umzug bewahrte die Constitutio Antoniniana letztlich vor Ihrer Zerstörung. Im November 1939 lagerte man alle papyrologischen Sammlungen zu ihrem Schutz im Keller der Bibliothek.

1940: Unterbringung im Tresor der Dresdner Bank

1940 wurde das Schriftstück zum Schutz vor Bombenangriffen in einen Tresor im Keller der Dresdner Bank gleich gegenüber der Johanneskirche in Gießen ausgelagert.

Februar 1945: Hochwasser

Ein Hochwasser der Wieseck im Februar 1945 sorgte für einen Grundwasseranstieg, infolge dessen der Tresor geflutet wurde, so dass Wasser zwischen die Glasscheiben eindrang.

Erst im Februar 1946 wurde dies von einem Bibliotheksmitarbeiter bei einer Besichtigung des Tresors entdeckt. Die Constitutio Antoniniana wurde deshalb durch Fäulnis und Schimmelbildung beschädigt, auch die Glasplatte ist dabei gesprungen.

Frühjahr 1946: Bergung

Erst im Frühjahr 1946 wurden die Papyri geborgen und in die Ruine der ebenfalls im Dezember 1944 zerstörten Universitätsbibliothek zurückgebracht.

Die Platten wurden 1946/47 in der Hausbuchbinderei geöffnet, gesäubert, getrocknet und anschließend neu verglast. Bei der Constitutio Antoniniana gelang dies nicht vollständig. Nur der auf ihrer Rückseite mitverglaste Papyrus konnte abgenommen werden. Die bis heute auf der Constitutio Antoniniana erhaltenen dunklen Schimmelflecken und festzustellenden Farbveränderungen stammen aus dieser Zeit. Einige kleinere Teilfragmente gingen verloren. Schon damals ließ sich der Papyrus nicht mehr von der gesprungenen vorderen Glasplatte und der auf der Rückseite aufgebrachten Papierschicht trennen.

1958: Bibliotheksneubau am alten Standort

Seit 1958 wurden die Sammlungen im Papyrusraum des Bibliotheksneubaus am alten Standort gelagert, der im Juli 1959 eröffnet wurde.

1984: Bibliotheksneubau im Philosophikum I

Als 1984 auf dem geisteswissenschaftlichen Campus Philosophikum I die neue Universitätsbibliothek fertiggestellt war, fand die Constitutio Antoniniana mit der Papyrussammlung ihr vorerst letztes neues Zuhause, wo sie auch heute noch lagert.

2009: Restaurierung in Leipzig

Im Jahr 2009 konnte die Constitutio Antoniniana unter großem öffentlichem Interesse mit finanzieller Unterstützung der Gemeinnützigen Stiftung der Sparkasse Gießen in der Restaurierungswerkstatt der Papyrussammlung in der Universitätsbibliothek Leipzig durch eine Umverglasung erneut gesichert werden (vgl. Recke/Schneider 2009).

2017: Aufnahme in das Weltdokumentenerbe

Ende Oktober 2017 traf ein internationales Expertenkomitee in Paris die Entscheidung über die Aufnahme der Constitutio Antoniniana in das Weltdokumentenerbe der UNESCO.

Pressekonferenz
Pressekonferenz mit Besichtigung am 6.12.2017, by Frank Waldschmidt-Dietz [CC BY-SA 4.0]
V.l.n.r.: Dr. Peter Reuter (Bibliotheksdirektor), Prof. Karen Piepenbrink (Professur für Alte Geschichte), Prof. Joachim Leonhard (UNESCO-Nominierungskomitee), Prof. Peter Winker (Vizepräsident), Dietlind Grabe-Bolz (Oberbürgermeisterin)

Informationen über die Herstellung von Papyrus Sie im >>nächsten Abschnitt<<.

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